“Was sich für die Ostdeutschen seit der Wende verschlechtert hat”. Verlag Das Neue Berlin(Eulenspiegel-Verlagsgruppe)https://www.eulenspiegel.com/verlage/das-neue-berlin/titel/die-grosse-freiheit-ist-es-nicht-geworden.html
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Stets ein Medienthema: ein ernstes die politische Lage und die Lebensverhältnisse im Osten heute, ein heiteres die Erinnerungen an die DDR-Unterhaltungskunst, ein kurioses die zahllosen Eigentümlichkeiten im DDR-Alltag. Matthias Krauß hat sich mit allem, was Vergangenheit und Gegenwart auf DDR-Gebiet betrifft, gründlich befasst und versteht Nostalgie von Analyse zu trennen.
In Euphorie wegen der Wiedervereinigung mag er nicht ausbrechen. Nach dem Einigungsvertrag wurde der Osten zum Armenhaus Deutschlands, das bis heute alimentiert werden muss, das hoch verschuldet ist und selbst nach der Konjunktur der vergangenen zehn Jahre wenig mehr als die Hälfte dessen erwirtschaftet, was es verbraucht. In den zehn Jahren vor der Wende wurden in Ostdeutschland mehr als eine Million Kinder mehr geboren als in den zehn Jahren danach. Das und der Wegzug der Jugend versetzte der Sozialstruktur Ostdeutschlands Schläge, von denen sie sich bis heute nicht erholt hat. Der Nachteil des »Ossis« vererbt sich auf seine Kinder, sie haben erwiesenermaßen geringere Chancen im Berufsleben als Gleichaltrige aus den alten Bundesländern. Die ausgezahlte Durchschnittsrente liegt unterhalb der gültigen Armutsgrenze. Die bedeutenden Massenmedien reagieren auf all dies – wenn überhaupt – relativierend, abstrakt oder formelhaft. Zweifelhafte Umfragen, die suggestiv den Optimismus trimmen, tragen zur Verdrossenheit und einem sich weiter verbreitenden Gefühl der Ungleichheit, der Ungerechtigkeit bei, das sich auch im Hass auf Migranten entlädt.
Allgemein wird im Jubel- und Jubiläumsjahr 2019 an die Errungenschaften gedacht. Krauß fragt nach den Einbußen, die die DDR-Bürger hinnehmen mussten: bei Gleichstellung, Rechtsverhältnissen, auf Gebieten wie Gesundheit, Arbeit, Sozialverhalten, Bildung …
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2019 kündigt die AfD an, die Arbeit der Treuhand untersuchen zu wollen. Eine in mehrfacher Hinsicht heikle Aufgabe, da sich dann auch die Frage stellt, wer in Ostdeutschland die Türöffner der Treuhand waren. Hatten sie das Ziel der beispiellosen Industrievernichtung bekanntgegeben – oder den Leuten verschwiegen? Wurde an Runden Tischen verkündet: Bischofferode muß weg, die Kyffhäuserhütte Artern muß weg – alle volkseigenen Betriebe, die westdeutschen Privatunternehmen eine Konkurrenz bieten, müssen weg. Wer durch Deindustrialisierung arbeitslos wird, muß dann eben fern der Heimat in Westdeutschland seine Arbeitskraft verkaufen – ihr wißt doch, wie Kapitalismus, kapitalistische Ideologie funktionieren! Was aus ostdeutschen Dörfern wird, kann sich jeder vorstellen – die veröden dann eben, werden entvölkert.
Von solcherart Ankündigungen hörte man nichts. Die tatsächlichen politisch-wirtschaftlichen Ziele erkennt man stets am genauesten an den Resultaten – die Arbeit der Treuhand mit ihren vielen politischen Helfern Ostdeutschlands sind ein treffendes Beispiel.
Eulenspiegel 1990, Ausriß.
“MACHEN SIE FETTE BEUTE!” Busaufschrift 2017 in Thüringen.
„Die aus dem Osten, was die wieder kosten!“ Eulenspiegel 1990
Ausriß, Eulenspiegel 1990.