Kyffhäuserkreis. Ein mittleres politisches Erdbeben erschüttert derzeit den Kyffhäuserkreis. Im Epizentrum die CDU. Führungslos, heillos zerstritten, ohne Amtsträger beim Kreis – und höchstwahrscheinlich auch ohne Koalitionspartner.
Was ist passiert? Seit der Abwahl von Landrat Peter Hengstermann (CDU) zerfleischte sich die Partei in Personaldebatten. Denn laut Koalitionsvertrag mit der SPD kann die Union einen Kandidaten für das Amt des stellvertretenden Landrates nominieren, den die anderen dann mitwählen.
Doch am Mittwochabend fiel dann der Kandidat der Union bei der Wahl im Kreistag durch. Stattdessen wurde der parteilose Bewerber Holger Häßler gewählt – auch mit den Stimmen von Teilen der SPD und der CDU. Am Donnerstag begannen die Erklärungsversuche.
Wie konnte es so weit kommen? Nach der Abwahl Hengstermanns startete die CDU ein strenges innerparteiliches Auswahlverfahren und einigte sich auf Jens Krautwurst. Doch den lehnte die SPD ab, obwohl sie ihn nach dem Koalitionsvertrag hätte mittragen müssen.
Offiziell erfolgte das Nein aus Gründen der Qualifikation.
Inoffiziell, um die CDU, die nach wie vor die stärkste Fraktion im Kreistag stellt, vorzuführen und die neuen Kräfteverhältnisse im Landratsamt zu unterstreichen.
Man brachte die Union damit in Zugzwang: Entweder, sie wahrt das Gesicht, hält an Krautwurst fest und steigt aus der Koalition aus. Oder man gibt klein bei und nominiert einen Kandidaten, der der neuen SPD-Landrätin Antje Hochwind genehm ist. Der Ausstieg aus der Koalition wurde ernsthaft erwogen. Doch dann schaltete sich Erfurt ein. Wir erinnern uns: Auch im Land regiert eine große Koalition, auch hier ist das längst keine Liebesehe.
Da passt es natürlich gar nicht, wenn die Union im Kyffhäuserkreis eine Koalition mit der SPD beendet. Deswegen wurde erst Andreas Trautvetter aus dem Landesvorstand, später sogar der Chef der Landtagsfraktion, Mike Mohring, nach Sondershausen geschickt, um Fraktion und Kreisvorstand zu vergattern. Ihre Ansagen waren, so berichten verschiedene Quellen, klar: Die Koalition bleibt erhalten. Partei und Fraktion stellen sich hinter den Partei- und Fraktionschef im Kyffhäuserkreis, Maik Göllert, der kandidieren soll.
CDU stellte sich gegen Anweisung aus Erfurt
Dumm nur, dass Göllert, der extra seinen Kroatien-Urlaub unterbrochen hatte, um bei der entscheidenden Sitzung dabei zu sein, die Mehrheit verfehlte. Die CDU beschloss, stattdessen den Sondershäuser Stefan Schard als ihren Kandidaten zu benennen.
Ein klareres Misstrauensvotum gegen den Partei- und Fraktionschef ist kaum vorstellbar. Noch am Abend und auf dem Weg zum Flughafen warf Göllert dennoch seine Bewerbungsunterlagen in den Briefkasten des Landratsamtes. Gegen den Willen seiner Fraktion und seines Kreisverbandes.
Die Landes-CDU steht hinter ihm. Das hatten Trautvetter und Göllert erklärt.
So standen am Mittwochabend zwei CDU-Kandidaten zur Wahl. Einer von Lieberknechts Gnaden, einer, der den größeren Teil der Kyffhäuser-CDU hinter sich hatte. Es kam, wie es kommen musste: Beide scheiterten.
Doch schon die Ouvertüre vor dem Urnengang barg politischen Zündstoff. Maik Göllert legte öffentlich Partei- und Fraktionsvorsitz nieder.
“Leider ist absehbar, dass der von mir bisher so eingeschlagene Kurs und meine Bewerbung zur Wahl als Erster Beigeordneter unseres Landkreises seitens einer Mehrheit der eigenen Fraktion und Kreispartei nicht mitgetragen werden. Das demokratische Prinzip gebietet es mir, die andere Meinung zu akzeptieren”, argumentierte er.
Und weiter: “Es wurde mit allen Mitteln versucht, meine Bewerbung auszubremsen.” Es sei jedoch sein demokratisches Recht, sich für ein öffentlich ausgeschriebenes Wahlamt zu bewerben, weswegen er das auch getan habe.
Göllert erzielte angesichts der Vorgeschichte ein sehr achtbares Ergebnis: Elf Stimmen. Stefan Schard, offizieller CDU-Kandidat von Hochwinds Gnaden, bekam nur vier Stimmen mehr. Und das angesichts des Umstandes, dass CDU und SPD im Kreistag zusammen 26 Stimmen haben.
Es reichte dennoch für die Stichwahl. Dort bekam Schard aber keine einzige Stimme mehr. Die elf Mitglieder der Koalition, die vorher für Göllert gestimmt hatten, wechselten unisono das Lager und stimmten für den parteilosen Holger Häßler. Die Opposition im Kreistag – Linke, NPD, FDP und Grüne – hatte ihre Chance erkannt und gemeinsam für Häßler gestimmt. Es gab keine einzige Enthaltung, keine ungültige Stimme.
Häßler ist der einzige Gewinner der Wahl. Die beiden großen Parteien, die über Jahrzehnte in Einigkeit und nach Gutdünken den Kreis regiert haben, haben alles verloren.
Zuerst die Union. Sie hat das Amt verloren, die Selbstachtung, weil sie, als es galt, Stärke zu zeigen, klein beigegeben hat. Sie hat komplett ihre Führung verloren, zahlreiche potenzielle Nachfolger in der Personaldebatte um den Beigeordneten so beschädigt, dass sie jetzt kaum noch wählbar sind.
Die SPD indes hat einen verlässlichen Koalitionspartner ohne Not vergrätzt. Fast schüchtern sagte Landrätin Antje Hochwind gestern Nachmittag auf die Frage, ob es noch eine Koalition gebe: “Nach meinem Stand – ja.”
Sie weiß, was droht, wenn die Union Anfang September beschließt, aus der Koalition auszusteigen. Dann muss die Landrätin sich ihre Mehrheiten selbst suchen. Sie muss bei der Linken vortanzen, um ihre Beschlüsse durchzubekommen. Zitat TA von 2012
http://m.thueringer-allgemeine.de/web/mobil/sondershausen/detail/-/specific/CDU-Kreisvorstand-diskutiert-Fuehrungspersonal-in-Sondershausen-1987042985
http://m.thueringer-allgemeine.de/web/mobil/sondershausen/detail/-/specific/Debatte-bis-tief-in-die-Nacht-bei-der-CDU-im-Kyffhaeuserkreis-566011952
http://m.thueringer-allgemeine.de/web/mobil/sondershausen/detail/-/specific/CDU-holt-beide-Direktmandate-im-Kyffhaeuserkreis-655255759
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